Amtsblatt-Artikel Nr. 658, vom 23.10.2015
„Wir müssen uns ganz neu aufstellen“, bekannte der Oberbürgermeister kürzlich öffentlich. Dieser Kurswechsel gilt im Besonderen für den Wohnungsbau. Unsere Fraktionen von CDU, SPD, FW und FDP unterstützen diesen Kurs. Wir haben uns im Jahr 2012 gemeinsam und erfolgreich für die Ausweisung des neuen Stadtteils Dietenbach eingesetzt. Jedoch steigt der Druck auf den Wohnungsmarkt fortlaufend. Es ist nun an der Zeit, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.
Wohnungsmarkt entlasten
Die Wohnbedarfsanalyse stellte noch den Bedarf von 18.000 Wohnungen bis 2030 fest. Diese Zahl ist heute schon überholt. Mit dem Handlungsprogramm Wohnen und dem Perspektivplan als Grundlage für den neuen Flächennutzungsplan wurden die Voraussetzungen für die Ausweisung neuer Flächen geschaffen. Mit dem Zuzug von mehreren Tausend Flüchtlingen in den kommenden Jahren wird der ohnehin schon eklatant knappe Wohnungsmarkt weiter belastet. Mit Bedacht muss die Situation nun zügig entschärft werden. Freiburger Wohnungsuchende und neue Bürger dürfen dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden. Unsere Fraktionen betonen, dass im Flüchtlingsstrom auch enorme Chancen stecken. Die große Schwierigkeit liegt jedoch in der Geschwindigkeit, in der sich die Situation tagtäglich ändert. Diese Zuspitzung lässt ein Abwarten nicht länger zu. Wenn wir nicht jetzt zügig mehr bauen, wann dann?
Keine Denkverbote
Absolute Mangelware sind jedoch die Flächen. Die vorhandenen Bauflächen können den Bedarf nicht decken, auch der geplante neue Stadtteil Dietenbach ist noch lange nicht baureif. Unsere Fraktionen fordern deshalb ein Verfahren, das im Vorgriff auf den neuen Flächennutzungsplan schneller neue Flächen ausweist. In erster Linie wird es sich hierbei aufgrund der raschen Bebaubarkeit vorrangig um städtische Flächen handeln. Diese müssen rascher auf ihren wohnungspolitischen Nutzen hin analysiert und bewertet werden. Denkverbote darf es hierbei nicht geben. Wir brauchen zügig Wohnraum für Familien, für Ältere und Singlehaushalte. Das gilt für Freiburgerinnen und Freiburger genau wie für die zu uns Geflohenen. Einen besonders großen Bedarf stellen dabei preisgünstige Wohnungen dar. Wir signalisieren aus diesem Wissen heraus unsere deutliche Bereitschaft, zeitnah und schnell mehr Bauflächen auszuweisen. Mit Spannung blicken wir deshalb auf das Ziel des Oberbürgermeisters, 60 Flächen des Perspektivplans zu „scannen“ und auf rasche Bebaubarkeit zu prüfen.
„Baukostentreiber“ in einem fairen Miteinander diskutieren
Auf den Prüfstand gehören darüber hinaus nun aus unserer Sicht alle Faktoren, die das Bauen in Freiburg erschweren. Das sind zu wenig Fördermittel, das Fehlen steuerlicher Anreize, Erschwerung durch kompliziertes Planungsrecht von Bund und Land. Hier wird es Änderungen geben. Neben den hohen Grundstückspreisen sind die baulandpolitischen Grundsätze in der Summe ihrer Kriterien, die man beim Bauen in Freiburg erfüllen muss, ebenso ein Hemmnis. Energetische Standards, Stellplätze für KFZ (ebenso wie für Fahrräder), Ausgleichskosten für Kindergartenplätze, gestalterische Anforderungen, geförderter Mietwohnungsbau: Diese und andere wichtigen Parameter sind für ein qualitätsvolles, ökologisches und soziales Bauen in Freiburg bedeutsam. Sie müssen aber angesichts der dramatischen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt hinsichtlich der hierdurch entstehenden Kosten und dem gesamtstädtischen Nutzen überprüft werden, ohne dass damit zwangsläufig qualitatives und nachhaltiges Bauen vernachlässigt wird. Einer genaueren Betrachtung sollte man hierbei vor allem jene Kriterien, die man in Freiburg auf die bereits bestehenden Bundes- und Landes-Vorgaben „draufgesetzt“ hat, unterziehen. Es gilt also die Frage: Was ist Pflicht und was ist Kür? Es darf zunächst keine Tabus geben! Insofern sind Aussagen der Grünen, dass man nur den sozialen Mietwohnungsbau reduzieren und Tiefgaragenplätze beim Bauen weglassen müsse, nicht ausreichend. Am Ende muss es ein Paket geben, in das jeder, der an einem Kompromiss interessiert ist, etwas hineingegeben hat.
Integration über Wohnungspolitik
Wohnraum darf jedoch nicht nur als Dach über dem Kopf gesehen werden. Wir wollen allen Menschen in Freiburg ein Zuhause ermöglichen, eingebettet in ein funktionierendes soziales Miteinander. Damit einhergehen Ansprüche an Bauflächen und Bauweise, an Dichte und Höhe und vor allem auch an eine soziale Durchmischung. Die Integration der vielen neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger erfordert eine solche soziale Wohnungspolitik. Das Ziel, ein Zuhause zu schaffen, soll für alle Menschen in unserer Stadt gelten. Wir müssen den Blick daher auch verstärkt auf all diejenigen richten, denen der Freiburger Wohnungsmarkt bislang kein solches bezahlbares Zuhause bieten konnte.